Haggai-1

Der Ruf zur Besinnung

1 Am 1. September(1) im zweiten Regierungsjahr des Königs Darius(2) empfing der Prophet Haggai eine Botschaft für Serubbabel Ben-Schealtiël(3), den Statthalter von Juda, und für Jeschua Ben-Jozadak(4), den Hohen Priester:

2 "So spricht Jahwe, der allmächtige Gott(5): 'Dieses Volk behauptet, die Zeit sei noch nicht reif, das Haus Jahwes zu bauen.'"

3 Dann empfing der Prophet ein weiteres Wort Jahwes:

4 "Für euch ist es offenbar nicht zu früh, in getäfelten Häusern(6) zu wohnen, während mein Haus noch in Trümmern liegt!

5 Nun sagt euch Jahwe, der allmächtige Gott: 'Überlegt doch einmal, was mit euch passiert!

6 Ihr habt reichlich gesät, aber nur wenig geerntet; ihr esst, werdet aber nicht satt; ihr trinkt und bekommt doch keinen Rausch; ihr zieht euch an und werdet doch nicht warm; und wer etwas verdienen kann, dem zerrinnt es zwischen den Fingern.'

7 Darum sagt Jahwe, der allmächtige Gott: 'Nehmt endlich zu Herzen, was mit euch passiert!

8 Geht ins Gebirge und schafft Holz herbei und baut den Tempel wieder auf! Daran werde ich mich freuen und damit ehrt ihr mich!

9 Ihr habt viel erhofft und wenig erreicht, und was ihr heimbrachtet, blies ich euch aus der Hand. Und weshalb das alles?', sagt Jahwe, der allmächtige Gott. 'Weil mein Haus in Trümmern liegt und jeder von euch nur für sein eigenes Haus rennt.

10 Darum hat der Himmel euch den Tau versagt und die Erde ihren Ertrag.

11 Und ich habe diese Dürre ins Land gerufen, eine Dürre über die Berge und über das Korn, über Weingärten und Olivenhaine und alles, was die Erde euch bringt; eine Dürre über Menschen und Vieh und alles, was ihr mit euren Händen schafft."

12 Serubbabel Ben-Schealtiël und der Hohe Priester Jeschua Ben-Jozadak und das ganze restliche Volk hörten auf das, was Jahwe, ihr Gott, ihnen sagen ließ. Sie hörten auf die Worte des Propheten Haggai, denn sie erkannten, dass Jahwe, ihr Gott, ihn geschickt hatte. Das Volk war erschrocken und fürchtete sich vor Jahwe.

13 Da sagte Haggai, der Bote Jahwes, in Gottes Auftrag zu ihnen: "Ich stehe euch bei! Ich, Jahwe, sage es."

14 So machte Jahwe Serubbabel, den Statthalter von Juda, und den Hohen Priester Jeschua und das ganze restliche Volk bereit, das Haus Jahwes, des allmächtigen Gottes, ihres Gottes, wieder aufzubauen.

15 Das war am 24. September im selben Jahr(7) .

Anmerkungen

(1) September. Wörtlich: des 6. Monats. Zum Datum siehe unter 'Schaltmonat' im Vorwort des Übersetzers.

(2) Das war 520 v.Chr. Der persische König Darius Histaspis regierte von 522-486 v.Chr.

(3) Nachkomme des letzten jüdischen Königs, führte 18 Jahre vorher einen Teil des Volkes aus der Gefangenschaft zurück in die Heimat.

(4) Legitimer Nachkomme des letzten Hohen Priesters vor der Gefangenschaft.

(5) Hebräisch: Zebaoth, das heißt 'Heere' oder 'Kriege'. In der LXX wird der Begriff immer mit 'pantokrator' = 'Allherrscher' oder 'Allmächtiger' wiedergegeben.

(6) Das meint wohl eher die Häuser der Führer und der Wohlhabenden.

(7) September . Jahr. Wörtlich: des 6. Monats im 2. Regierungsjahr des Königs Darius. Nach dem raschen Einbringen der Ernte begann die Arbeit am Wiederaufbau des Tempels.

Hintergrund zur Schrift

Haggai (übersetzt: “festlich”; vielleicht heißt das, dass Haggai an einem Festtag geboren wurde. Die Römer nannten Jungen, die an einem Festtag geboren wurden, gerne „Festus“.) ist der erste Prophet, der nach der babylonischen Gefangenschaft von Gott zum Volk Gottes gesandt wird. Nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels kam ein Teil der Juden nach Babylonien ins Exil. 538 v.Chr. erlaubte Kyros, dass man den Tempel wieder aufbauen dürfe (Esra 1:1). Knapp 50.000 Juden unter der Leitung von Serubabel und dem Hohepriester Josua kehren nach Jerusalem zurück und haben sich 7 Monate später bereits in Jerusalem und den umliegenden Städten niedergelassen. Auf dem Gelände der Tempelruine errichten sie einen Altar und bringen Gott ihre ersten Opfer dar (Esra 3:1-6). Weitere 7 Monate später (im Jahr 537) beginnt der Wiederaufbau des zerstörten Tempels mit der feierlichen Grundsteinlegung (Esra 3:8-11).
Aber die heidnische, um Jerusalem herum angesiedelte Bevölkerung verleumdet die Tempelbauer, der Weiterbau wird untersagt (Esra 4:1-24). 17 Jahre lang wird nicht am Tempel gebaut, stattdessen baute man sich selbst ansehnliche Häuser. Am ersten Tag des sechsten Monats im Jahr 520 schickt Gott deswegen den Propheten Haggai, um diese 50.000 Juden, die ausgezogen waren, den Tempel zu bauen zu ermahnen. Nacheinander überliefert Haggai 5 Botschaften Gottes innerhalb von 4 Monaten:

  • 1:3-12 Erste Botschaft, am 1.6. 520
  • 1:13-15 Zweite Botschaft, irgendwann zwischen 1. und 24.6. 520
  • 2:1-9 Dritte Botschaft, am 21. 7. 520
  • 2:10-19 Vierte Botschaft, am 24.9. 520
  • 2:20-23 Fünfte Botschaft, auch am 24.9.520

Kein anderer Prophet des AT ist so „erfolgreich“: Kaum hat Haggai seine Botschaften überbracht, tut das Volk mit seinen Leitern Buße und wird gehorsam!

Kapitel 1 – Geistlicher Stillstand überwunden

Haggai wendet sich mit der ersten Botschaft Gottes zunächst an Serubabel, denn als politischer Leiter trägt Serubabel die Verantwortung für die Nachlässigkeit am Wiederaufbau vom Tempel (1:1). Dabei geht Gott auf das ein, was die Juden als Entschuldigung und Rechtfertigung für ihre Nachlässigkeit vorbrachten (1:2). Gott überführt sein Volk der Untreue: Sie haben ihr Versprechen gebrochen und denken nur an ihre eigene Bequemlichkeit. Aber damit schaden sie sich selbst, weil all ihr Mühen für sich selbst umsonst ist. Gott sorgt dafür, dass sie keinen Ertrag von ihrem Arbeiten haben (1:3-11). Die Reaktion auf diese erste Botschaft: Gehorsam und Gottesfurcht (1:12).

Irgendwann in den nächsten Tagen überbringt Haggai seine zweite Botschaft, eine Botschaft des Trostes und der Ermutigung für das bußfertige und gehorsame Volk Gottes: Gott segnet den Gehorsam mit seiner Gegenwart (1:13) und damit, dass er den Geist des gehorsamen Volkes erweckt und sie die Arbeit am Tempel wieder aufnehmen (1:14). Innerhalb von 3 Wochen wurde 17jähriger Ungehorsam überwunden!

Fragen

Frage 1

Was meint Gott, wenn er in 1:5 und 1:7 sagt: "Überlegt doch einmal, was mit euch passiert!" „Schaut, wie es euch geht!“(Luther)/“Richtet euer Herz auf eure Wege“ (Elberfelder)/ „Achtet auf eure Wege“ (Schlachter)? (vgl. 2:15.18) Was sieht Israel?


Frage 2

Wenn Du Dein Leben überdenkst, hast Du dann den Eindruck, dass Dir in manchen Lebensbereichen Deine Eigeninteressen wichtiger sind als Gottes Interessen? Was solltest Du unternehmen, damit es von Dir auch heißen kann: „Da gehorchte er/sie der Stimme des Herrn…..“ (1:12)?